Resolution zur Aufarbeitung
Außerdem verpflichtet sich der BdP zur Anerkennung von Verantwortung sowie Unterstützung der Betroffenen, zu strukturellen Veränderungen, zur weiteren Aufarbeitung und natürlich zu einer weiterhin intensiven Präventionsarbeit.
"Die Ergebnisse der durch das Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) erstellten Studie zum Umgang mit sexualisierter Gewalt im BdP 1976 - 2006, die im Februar 2024 veröffentlicht wurde, haben uns auf eindrückliche und erschütternde Art und Weise vor Augen geführt, dass der BdP als Ganzes in der Vergangenheit nicht in der Lage war, seine Mitglieder vor sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch zu schützen.
Die Verantwortung, die nun für die Fehler des BdP übernommen werden muss, geht über die Grenzen individueller Handlungen hinaus, sondern betrifft uns als ganzen BdP. Wir sehen uns in der Pflicht zu Handeln und unserer gemeinsamen Verantwortung als Verband gerecht zu werden aus unseren Fehlern zu lernen. Um das zu symbolisieren, wird auch an dieser Stelle das Wir gewählt.
Es ist erschreckend, wie viel Leid Menschen im BdP ertragen mussten, vor wie vielen Taten die Augen verschlossen worden sind und wie viele Täter*innen im Verband bleiben konnten, obwohl Betroffene und Eltern ihr Bestes gaben, um Taten aufzudecken. Wir waren nicht solidarisch mit Betroffenen. Sie wurden teilweise gegen ihren Willen aus Gruppen entfernt, es wurde ihnen nicht geglaubt. Betroffene im BdP wurden verleumdet und bedroht. Sexualisierte Gewalt wurde bewusst vertuscht und Betroffene und denen, die sich äußerten, mit dem Ausschluss gedroht.
Obwohl bekannt war, dass der BdP sich im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch nur mangelhaft um das Wohlergehen seiner Mitglieder kümmerte, wurde nicht darüber gesprochen und nichts daran geändert. Sexualisierte Gewalt wurde nicht als strukturelles Problem in unserem Verband anerkannt und stattdessen ein Klima der Angst begünstigt, in dem Betroffenen nicht geglaubt wurde.
Aufgrund der Ergebnisse der vom Institut für Praxisforschung und Projektberatung durchgeführten Studie zur Aufarbeitung sexueller Gewalt innerhalb unseres Verbandes verpflichten wir uns, weiterhin den Blick in unsere Vergangenheit zu richten und gemeinsam verantwortungsvoll an der Aufarbeitung in unserem Verband zu arbeiten. Wir positionieren uns klar gegen jede Form und Ausprägung von Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt und sind fest entschlossen, aus unseren Fehlern für die Zukunft zu lernen. Um das zu erreichen, verpflichten wir uns als BdP zu den folgenden Punkten:
Anerkennung der Verantwortung
Wir übernehmen die Verantwortung für das Leid, das durch Mitglieder und Verantwortungsträger*innen unseres Verbandes verursacht wurde. Über Generationen hinweg wurde das vermeintliche Wohl des Verbandes über das Wohl und die Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und unseren erwachsenen Mitgliedern gestellt.
Wir bitten aufrichtig um Entschuldigung bei allen Betroffenen für das erlittene Unrecht und die langanhaltenden Folgen, die diese Erfahrungen mit sich gebracht haben. Genauso bitten wir um Entschuldigung für die Ignoranz und unprofessionelle Bearbeitung von Fällen, die Vertuschung und Verleumdung von Betroffenen in der Vergangenheit und auch für die nicht ausreichende Berücksichtigung der Bedürfnisse von Betroffenen zu Beginn der Aufarbeitungsbemühungen.
Unterstützung der Betroffenen
Wir wollen allen Betroffenen von sexualisierter Gewalt in unserem Verband ein offenes Ohr anbieten. Wir wollen ihre Geschichten hören und ihnen Glauben schenken. Wir wollen alle Möglichkeiten der Unterstützung, die uns als Verband zur Verfügung stehen, bereitstellen, wo es gewünscht ist. Die Beteiligung von Betroffenen soll für uns in der Zukunft an allen Stellen in der Arbeit in der Prävention und Intervention bei Fällen sexualisierter Gewalt mitgedacht werden.
Prävention sexualisierter Gewalt
Für uns steht der Schutz unserer Mitglieder, deren körperliche und geistige Unversehrtheit im Vordergrund. Wir positionieren uns klar gegen Machtmissbrauch und grenzverletzendes Verhalten, wie es in der Vergangenheit im BdP existierte.
Die Ergebnisse der Studie nehmen wir deswegen zum Anlass, unsere Präventionsarbeit auf den Prüfstand zu stellen und wo immer nötig zu verbessern. Um das zu erreichen, überarbeiten wir unser Schutzkonzept und betrachten vor allem folgende Bestandteile:
- die Implementierung eines verpflichtenden Verhaltenskodexes für alle
Mitglieder, - regelmäßige Schulungen zum Thema Prävention sexualisierter Gewalt und
Machtmissbrauch als Teil der Ausbildung auf allen Ebenen und für
Gruppenleitungen, Vorstände und Teams von Veranstaltungen, - die Einführung eines Interventionsplans für den ganzen BdP sowie eines
transparenten Meldesystems und klar definierter Beschwerdewege.
Strukturelle Veränderung
Um eine Kultur der Offenheit, Sicherheit und Respekts zu fördern, sind strukturelle Änderungen nötig. Wir werden die Aufgabenverteilung in den Bereichen Prävention und Intervention bei Fällen sexualisierter Gewalt klar definieren und wo nötig ändern. Es muss Transparenz darüber herrschen, wie Fälle behandelt werden und wer in unserem Verband die Verantwortung dafür trägt. Vertuschen und Verleumdung haben bei uns keinen Platz. Wir wollen auch ohne vorgehaltene Hand über sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch in unserem Verband sprechen.
Wir werden daran arbeiten, regelmäßig auch mit externen Stellen zusammenzuarbeiten, um unsere Präventions- und Schutzmaßnahmen zu überprüfen. Wir wollen Fehler, die aufgrund von fehlendem Wissen oder einem unprofessionellen Umgang mit Fällen passiert sind, nicht wiederholen. Dafür werden wir daran arbeiten uns und insbesondere die Prozesse im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt zu professionalisieren.
Wir sind uns unserer Grenzen bewusst, arbeiten mit externen Expert*innen zusammen, weisen auf Angebote hin und unterstützen Betroffene und alle anderen Mitglieder unseres Verbands bei der Suche nach passenden Angeboten. Wir wollen die Förderung von Diversität und Inklusion in unserem Verband fördern.
Aufarbeitung & Transparenz
Die Aufarbeitung ist mit Veröffentlichung der Studie des IPP nicht beendet. Wir verpflichten uns, auch in Zukunft kontinuierlich und transparent die Vergangenheit aufzuarbeiten. Stämmen und Landesverbänden soll es möglich sein, sich auch individuell mit der eigenen Vergangenheit auseinander zu setzen. Dabei wird der Verband unterstützen.
Wir werden regelmäßig über den Fortschritt der Umsetzung aller hier genannten Maßnahmen berichten. Alle Teile unseres Aufarbeitungsprozesses sollen transparent und öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Wir werden weiterhin Workshops und Veranstaltungen organisieren, die das Bewusstsein und Verständnis für die Thematik fördern.
Engagement für die Zukunft
Im Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder soll eine Kultur der Sicherheit, des Respekts und der Fürsorge die Grundpfeiler unseres Handelns bilden. Die Unversehrtheit unserer Mitglieder steht für uns an erster Stelle. In der Klärung von Fällen sexualisierter Gewalt ist die Betroffenengerechtigkeit für uns handlungsleitend.
Wir werden aktiv daran arbeiten, Vertrauen wieder aufzubauen und sicherzustellen, dass unser Verband ein sicherer Ort für alle Kinder und Jugendlichen ist. Wir wollen aus der Vergangenheit lernen und setzen uns entschlossen für eine bessere, sicherere Zukunft ein. Wir sind uns bewusst, dass Worte allein nicht ausreichen, und verpflichten uns daher zu konkreten, nachhaltigen Taten.
Foto: Simon Vollmeyer